Nelli Gordon überlebt am 14. Oktober 1941 eine Massenerschießung. An zwei Tagen ermorden SS- und Polizeieinheiten über 10.000 Jüdinnen und Juden aus der ukrainischen Stadt Dnepropetrowsk (Dnipro). Während der Erschießung am Rande einer Schlucht bleibt Nelli Gordon unverletzt. Halb unter anderen Menschen begraben, kommt sie wieder zu sich und kann sich befreien. Mit neun Jahren ist sie nun auf sich allein gestellt.

Nelli Gordon kann in die Stadt zurückkehren. Sie wen­det sich an eine nichtjüdische Nachbarin. Dort erholt sie sich eine Woche. Aber die Nachbarin ist arm und hat zwei Kinder. Sie kann sich nicht dauerhaft um Nelli Gordon kümmern und findet für sie eine neue Bleibe bei Familie Subkow. Nelli Gordon gibt sich der Familie gegenüber als nichtjüdisches Waisenkind aus. Die Subkows nehmen sie auf und helfen ihr zu überleben.

Massenerschießungen in Dnepropetrowsk

In Dnepropetrowsk leben etwa 90.000 Jüdinnen und Juden. Vor Ankunft der deutschen Truppen kann die große Mehrheit fliehen. Wer nicht fliehen oder sich verstecken kann, wird von deutschen Polizeikräften oder Angehörigen der Einsatzgruppe C der Sicher­heitspolizei ermordet. Bis zum Kriegsende werden etwa 20.000 Jüdinnen und Juden erschossen. Wenige können sich retten, meist mit Hilfe von Bekannten oder Nachbarinnen und Nachbarn.

Der Krieg beginnt

Die letzten Sommerferien vor Kriegsbeginn 1941 verbringt Nelli Gordon bei ihren Verwandten in Dnepropetrowsk. Der Einmarsch deutscher Truppen macht die Rückkehr zu ihren Eltern unmöglich.

Zusammen mit ihrem Großvater Boris Frumin und ihrer Tante Rosalija Frumina versucht sie vergeblich, aus der Stadt zu fliehen. Am 12. Oktober erhalten alle Jüdinnen und Juden den Befehl, sich am nächsten Morgen an einer Sammelstelle im Stadtzentrum einzufinden. Wer der Aufforderung nicht folgt, wird erschossen.

Überleben als Pflegekind

Nelli Gordon lebt bei dem Ehepaar Marija und Wasili Subkow. Ihr Pflegevater ist herzlich, aber die Pflege­mutter schlägt sie oft. Eines Tages wird Nelli Gordon verraten und kommt zwei Monate in Haft. Obwohl sie bei Verhören geschlagen wird, behauptet sie weiterhin, eine nichtjüdische Waise zu sein. Ihr und der Pflegefamilie droht die Erschießung, sollte Nelli Gordons wahre Identität aufgedeckt werden. Wasili Subkow beschafft falsche Dokumente. Sie können damit das Mädchen adoptieren. So retten sie Nelli Gordon und sich selbst.

„Während unserer Erschießung verdeckte mich mein Großvater mit seinem Körper und stieß mich lebend in die Schlucht hinunter. Durch die Kälte und das Gewicht, das auf mir lag, kam ich nach einiger Zeit wieder zu Bewusstsein.“

Nelli Gordon in einem Erinnerungsbericht, 1997 

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