San Gioacchino

Eingemauert in der Kirche

Sieben Monate lang dient der Dachboden der Kirche San Gioacchino in Rom als Versteck.

Nach der Besetzung Roms durch deutsche Truppen 1943 sind viele Menschen in Gefahr. Soldaten der italienischen Armee droht die Verschleppung nach Deutschland zur Zwangsarbeit. Jüdinnen und Juden werden ebenso verfolgt wie politische Gegnerinnen und Gegner. Tausende von ihnen finden Schutz in Kirchengemeinden. Auch in der Kirche San Gioacchino werden Flüchtende aufgenommen. Einige Männer verstecken sich auf dem Dachboden. Helferinnen und Helfer aus der Gemeinde versorgen sie. Bald suchen die deutschen Besatzer in Kirchen nach Untergetauchten. Verfolgte und ihre Helferinnen und Helfer überlegen gemeinsam, was zu tun ist. Sie beschließen, die Tür zum Dachboden zuzumauern.

Die Enge macht den Eingemauerten zu schaffen. Sie werden nachts durch ein Fenster versorgt. Auch die Versteckten werden so hinein und hinaus gebracht. Manche bleiben nur einige Tage dort, andere monatelang.

Späte Verfolgung

Das mit dem Deutschen Reich verbündete Italien ist bis 1943 ein relativ sicheres Land für Jüdinnen und Juden. Zwar leiden sie mit Einführung der antijüdischen Gesetze ab 1938 zunehmend unter Ausgrenzung, sie werden jedoch nicht in deutsche Vernichtungslager verschleppt. Das ändert sich schlagartig im Herbst 1943. Am 8. Sep­tember schließt Italien einen Waffenstillstand mit den Alliierten. Kurz darauf marschieren deutsche Truppen in Italien ein. Jüdinnen und Juden sind nun schutzlos. Noch im September beginnen die ersten Deportationen.

Zuflucht unter dem Kirchendach

Ende Oktober 1943 lassen sich mehrere verfolgte Männer unter dem Kirchendach von San Gioacchino einmauern. Lediglich über ein Rundfenster bringen Helferinnen und Helfer nachts die Nahrung für sie hinein und den Abfall heraus. Auch für die Verfolgten ist dies die einzige Möglichkeit, in das Gewölbe hinein oder hinaus zu gelangen. Dem Austausch von Nachrichten und Briefen dient ein kleines Loch im Gewölbe. Zehn bis 15 Männer verstecken sich gleich­zeitig unter dem Dach, insgesamt knapp 40, neben desertierten italienischen Soldaten auch acht Juden.

Die „Luftsektion“

In Anspielung auf die Lage des Verstecks unter dem Kirchendach nennt sich das Hilfsnetzwerk „Luftsektion von San Gioacchino“. Mit Unterstützung des Pfarrers Antonio Dressino kümmern sich die französische Nonne Marguerite Bernes, der Ingenieur Pietro Lestini und dessen Tochter Giuliana um die Versorgung der Ver­folgten.

Ende Mai 1944 befürchtet Dressino, dass das Versteck verraten worden ist. Die Mauer wird eingerissen. Die Verfolgten tauchen woanders unter, bis Rom am 4. Juni 1944 befreit wird.

„Die gesamte Gemeinschaft versammelt sich am Nachmittag, um über sensible Angelegenheiten zu entscheiden.“

Verschlüsselter Eintrag in der Kirchenchronik von San Gioacchino vom 24. Oktober 1943
An diesem Tag beschließen die Geistlichen und weitere Helfer, die bisher in anderen Räumen untergekommenen Männer künftig auf dem Dachboden zu verstecken.  

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