Suche nach Überlebenden

Nach Kriegsende wird in der ganzen Welt nach Überlebenden gesucht. Eine wichtige Anlaufstelle sind die Büros der Suchdienste und Hilfsorganisationen, die bei der Familienzusammenführung helfen. In jüdischen Zeitungen erscheinen Tausende Suchanzeigen. Manche Überlebende machen sich persönlich auf den Weg in ihre früheren Wohnorte, um nach Verwandten zu suchen. Mitunter müssen sie feststellen, dass nur sie überlebt haben. Viele erhalten erst nach Jahren oder Jahrzehnten Gewissheit über Verbleib und Todesumstände ihrer Angehörigen, manche nie.

Vergebliche Suche – Otto Frank

1944 werden Otto Frank und seine Familie in ihrem Versteck in Amsterdam entdeckt und deportiert. Nur Otto Frank überlebt in Auschwitz. Noch während seiner Rückkehr nach Amsterdam erfährt er, dass seine Frau im Lager ermordet worden ist. Anfang Juni 1945 steht Otto Frank bei Miep und Jan Gies vor der Tür. Das Ehepaar hat ihn einst im Versteck versorgt und nimmt ihn nun auf. Otto Frank sucht intensiv nach seinen beiden Töchtern Anne und Margot. Seine Hoffnung, dass sie überlebt haben, wird schon bald zunichte gemacht. Zwei Überlebende des KZ Bergen-Belsen berichten, dass Anne und Margot Frank dort wenige Wochen vor der Befreiung an Krankheit und Entkräftung gestorben sind. Otto Frank bleiben einzig Fotografien und die Tagebücher seiner Tochter Anne als Erinnerung. Zunächst ist er nicht in der Lage, diese zu lesen. Nach der Veröffentlichung wird Anne Franks Tagebuch weltweit zu einem der meistgelesenen Bücher.

Lange Suche – Edgar Brichta

Edgar Brichta ist 1939 von seinen Eltern mit einem Kindertransport von Bratislava (Slowakei) nach Norwegen geschickt worden. Dort überlebt er die deutsche Besatzungszeit bei verschiedenen Familien. Edgar Brichta hofft nun, bald nach Hause zu können, und schreibt seiner Familie über das Rote Kreuz – auf Englisch. Seine Muttersprache kann er kaum noch sprechen. Der Brief kommt nach mehreren Wochen als unzustellbar zurück. Edgar Brichta reist in die Slowakei und sucht seine Familie. Doch im Haus der Familie wohnen Fremde. Er findet eine Verwandte, aber auch sie hat nichts von seinen Eltern gehört. Nach zwei Jahren kehrt er nach Norwegen zurück. In den 1950er Jahren wandert er nach Kanada aus.

Erst Jahrzehnte nach dem Krieg erfährt Edgar Brichta, dass er der einzige Überlebende seiner Familie ist. Seine Eltern und die Schwester sind 1942 nach Auschwitz deportiert und vermutlich sofort ermordet worden.

„Meine lieben Eltern und Schwester,

ich gratuliere zum Frieden und hoffe, dass es Euch sehr gut geht. Wenn möglich, schickt mir einen Brief. Herr Normann wurde verhaftet, da er „Nazi“ war. Ich gehe in die erste Klasse der Oberschule. Ich hoffe, Ihr könnt mein Englisch verstehen. Ich möchte so bald wie möglich nach Hause fahren. Allen zuhause alles Liebe.

Herzliche Grüße, Euer Edgar“

Hilfe bei der Suche – Marion van Binsbergen

Während der deutschen Besatzung in den Niederlanden hat die niederländische Sozialarbeiterin Marion van Binsbergen über 150 Jüdinnen und Juden in Amsterdam geholfen. Nach dem Krieg arbeitet sie für die Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) in Deutschland. Die Hilfsorganisation betreut Lager für Displaced Persons (DPs). DPs sind Menschen, die während des Krieges aus den deutsch besetzten Gebieten verschleppt worden sind. Die UNRRA unterstützt die alliierten Militäradministrationen bei der Rückführung der DPs. Marion van Binsbergen wird in den Sozialstationen der DP-Lager Föhrenwald und Windsheim eingesetzt. Vor allem kümmert sie sich um die Zusammenführung von jüdischen Familien.

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