Bewaffneter Widerstand

Aufstand im Ghetto

Nach ersten Massendeportationen aus dem Warschauer Ghetto im Sommer 1942 beginnen mehrere jüdische Widerstandsgruppen mit der Planung eines bewaffneten Kampfes gegen die Auflösung des Ghettos. Sie richten Verstecke ein und versuchen, Waffen zu beschaffen.

Am 19. April 1943 wollen die deutschen Besatzer das Ghetto endgültig räumen und alle verbliebenen Jüdinnen und Juden in das Vernichtungslager Treblinka deportieren. Die Aufständischen eröffnen das Feuer und können die deutschen Polizei- und SS-Einheiten zunächst zurückdrängen. Erst am 16. Mai, nach fast vier Wochen, schlagen SS, Polizei und Wehrmacht den Aufstand nieder. Circa 10.000 Ghettoinsassinnen und -insassen werden dabei ermordet. Etwa 30.000 Überlebende werden nach Treblinka, Majdanek und in weitere Lager deportiert. Nur wenige Jüdinnen und Juden können sich verstecken oder durch die Kanalisation entkommen.

„Wir dürfen nicht so sehr die Rettung unseres Lebens im Sinn haben, die scheint (ohnehin) sehr fraglich, vielmehr müssen wir an einen ehrenhaften Tod denken, den Tod mit der Waffe in der Hand.“

Emanuel Ringelblum in einem Augenzeugenbericht 1943

 

Partisanenkampf

In den Wäldern westlich von Minsk bauen ab 1942 Anatolij „Tuvia“ Bielski und seine Brüder eine jüdische Partisaneneinheit auf. Sie verüben Attentate auf Personen, die mit der deutschen Besatzungsmacht kollaborieren. Sie unterstützen auch andere sowjetische Partisaneneinheiten bei Sabotageakten und Anschlägen auf Transportwege. Die Partisaneneinheit verhilft Jüdinnen und Juden zur Flucht aus den umliegenden Ghettos. Gerettete Männer, Frauen, Kinder und ältere Menschen leben in einer Gemeinschaft im Wald. Kampffähige Männer nehmen an bewaffneten Aktionen teil. Partisaninnen und Partisanen sorgen für die Sicherheit des Gemeinschaftslagers, beschaffen Nahrung und Gewehre. Im Lager werden Waffen repariert und Munition hergestellt. Bei der Bielski-Gruppe überleben etwa 1.200 Menschen.

„Möglicherweise werden wir getötet, während wir zu überleben versuchen. Aber wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, noch mehr Leben zu retten.“

Tuvia Bielski, 1943, wiedergegeben von Moshe Bairach, nach 1986

 

Zionistische Partisanen

Anfang 1942 gründet sich in Toulouse eine zionistische Widerstandsorganisation, die Armée Juive (Jüdische Armee). Bis zu 2.000 jüdische Aktivistinnen und Aktivisten leisten Fluchthilfe für Verfolgte und kämpfen ab 1943 mit Waffen gegen die deutschen Besatzer und deren Kollaborateure. Auch schleusen sie Juden, die sich den alliierten Armeen anschließen wollen, über die spanische Grenze. Finanziert wird die Armée Juive durch das American Jewish Joint Distribution Committee, eine Hilfsorganisation mit Sitz in New York.

„Straßensperren, Sprengung von Gleisen ... eine Gendarmerie angreifen und Waffen beschaffen, falls es welche gab. Aber vor allem falsche Ausweise herstellen ... Es gab viele Festnahmen, viele Menschen wurden getötet … Es gab Treffer und Fehlschläge, und (das hieß) Rennen ... im Grunde hieß es, den Verfolgern immer einen Schritt voraus zu sein.“

Leo Bretholz in einem Interview 1992

 

Aufstand im Vernichtungslager

Selbst in Vernichtungslagern gelingt es Jüdinnen und Juden, Widerstand zu leisten. Sie verbergen andere Häftlinge oder versuchen, Nachrichten aus den Lagern heraus zu schmuggeln. In Treblinka greifen Häftlinge am 2. August 1943 mit Äxten, einigen Gewehren, Handgranaten und brennenden Benzinkanistern die schwer bewaffneten SS-Männer und ihre Hilfstruppen an. Sie zünden Gefangenenbaracken und Funktionsgebäude an. Allerdings bleiben die gemauerten Gaskammern unbeschädigt. 400 Häftlingen gelingt die Flucht, etwa 400 weitere Gefangene werden bei der Niederschlagung des Aufstands getötet. Danach ermordet die SS innerhalb von drei Tagen noch fast 10.000 Häftlinge aus dem Ghetto Bialystok in den Gaskammern von Treblinka. In den Jahren 1943 und 1944 kommt es auch in den Vernichtungslagern Sobibor und Auschwitz zu Häftlingsaufständen.

„… und jeder dachte nur daran, in die Freiheit zu gelangen. Wir hatten unsere miserable Existenz satt, und alles, was zählte, war die Rache an unseren Peinigern und die Flucht.“

Jankiel Wiernik in einem Zeitzeugenbericht 1944

 

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