Protestaktionen

Streik

Nach der deutschen Besetzung der Niederlande im Mai 1940 werden Jüdinnen und Juden entrechtet, beraubt und oft in Sammellagern inhaftiert. Proteste der übrigen Bevölkerung bleiben zunächst aus. Als im Februar 1941 deutsche Ordnungspolizisten 425 jüdische Männer festnehmen, kommt es jedoch zu Massenprotesten. Kommunistinnen und Kommunisten rufen zum Solidaritätsstreik auf. Am 25. und 26. Februar streiken in Amsterdam Zehntausende Arbeiterinnen und Arbeiter der Verkehrsbetriebe, der Stadtreinigung und der Hafenbetriebe, aber auch Schülerinnen und Schüler sowie Büroangestellte. Das öffentliche Leben kommt weitgehend zum Erliegen. Der Streik weitet sich auf weitere Städte aus. Der deutsche Wehrmachtbefehlshaber verhängt den Kriegszustand über Nordholland und beendet den Streik nach zwei Tagen gewaltsam. 40 Menschen werden dabei verletzt und neun getötet.

 

„Protestiert gegen die abscheuliche Judenverfolgung! …
Entzieht die jüdischen Kinder der Nazi-Gewalt,
nehmt sie auf in Eure Familien!!!“

Aus dem Aufruf zum Generalstreik, 24. Februar 1941

 

Protest

Die Schriftstellerin und Journalistin Zofia Kossak leitet die katholische Untergrundorganisation Front für die Wiedergeburt Polens (Front Odrodzenia Polski). Als Jüdinnen und Juden aus dem Warschauer Ghetto im Verlauf des Sommers 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert werden, ruft Kossak mit einem Flugblatt zum Protest dagegen auf. Kurz darauf gründet sie mit der Sozialistin Wanda Krahelska-Filipowicz eine Hilfsorganisation. Aus ihr geht später die polnische Untergrundorganisation Żegota (Rat für die Unterstützung der Juden) hervor. Kossak schreibt vielfach für die Untergrundpresse und hilft untergetauchten Jüdinnen und Juden. Sie wird nach einer Personenkontrolle im September 1943 festgenommen, weil sie zahlreiche Untergrundzeitungen bei sich hat. Kossak wird in das KZ Auschwitz verschleppt, anschließend im Warschauer Gefängnis Pawiak interniert und zum Tode verurteilt. Freundinnen und Freunde, die ebenfalls an Widerstandsaktionen beteiligt sind, können sie im Juli 1944 durch Bestechung befreien.

 

„Die Welt schaut auf dieses Verbrechen, das schrecklicher ist als alles, was die Geschichte bis jetzt erlebt hat – und schweigt. Millionen wehrloser Menschen werden inmitten eines allgemeinen, unheimlichen Schweigens hingeschlachtet. … Wer angesichts eines Mordes schweigt, wird zum Komplizen des Mörders. Wer nicht verdammt, gibt sein Einverständnis. … Wer nicht mit uns diesen Protest unterstützt – der ist kein Katholik.“

Aus dem Flugblatt „Protest” von Zofia Kossak, 11. August 1942

 

Petitionen

Seit März 1941 ist Bulgarien mit Deutschland verbündet. Schon davor hat es antijüdische Gesetze in Bulgarien gegeben. Die Heilige Synode, das höchste Organ der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche, richtet mehrere Protestschreiben an den bulgarischen Zaren sowie an Regierungsmitglieder und das Parlament. Einige Geistliche sprechen sich in ihren Predigten vehement gegen die Judenverfolgung aus und taufen trotz staatlichen Verbots weiterhin Jüdinnen und Juden, um diese zu schützen. Die kirchlichen Proteste tragen dazu bei, dass die bulgarischen Jüdinnen und Juden nicht deportiert werden. Allerdings liefert die bulgarische Regierung mehr als 11.000 Jüdinnen und Juden aus den von Bulgarien besetzten Gebieten im März 1943 an das Deutsche Reich aus. Sie werden im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

„Den Christen jüdischer Abstammung sowie den Juden insgesamt im Land sollen nicht ihrer grundlegenden Rechte als Menschen und Bürger beraubt werden, ihnen soll nicht das Recht entzogen werden, im Land zu leben sowie die Möglichkeit zu arbeiten und ein menschenwürdiges Leben zu führen.“

Aus der Petition der Heiligen Synode an den Ministerpräsident und Minister für auswärtige Angelegenheiten und Religionszugehörigkeiten, 5. April 1943

 

Solidarität

In Frankreich müssen Jüdinnen und Juden ab Juni 1942 den gelben Stern tragen. Um gegen diese diskriminierende Kennzeichnung zu demonstrieren, heften sich zahlreiche nichtjüdische Jugendliche ebenfalls Sterne an. Statt des Worts „Juif“ (Jude) zeichnen sie verschiedene Protestzeichen oder ihre Initialen darauf. Französische und deutsche Polizisten nehmen viele der Jugendlichen fest. Einige werden mehrere Wochen im Lager Drancy interniert. Das harte Vorgehen soll abschrecken und Nachahmung verhindern.

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