Verbrechen öffentlich machen

Dem Morden widersetzen

Mitte August 1941 ermordet ein Kommando der Einsatzgruppe C des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes die jüdische Bevölkerung der Kleinstadt Belaja Zerkow südlich von Kiew. 90 jüdische Kinder werden zunächst in einem Haus eingesperrt. Sie sollen ebenfalls erschossen werden. Der Wehrmachtsoffizier Helmuth Groscurth erfährt davon und versucht sie zu retten. Bereits ein Jahr zuvor hat er in Wehrmachtskreisen an der Westfront über Massenmorde der Einsatzgruppen in Polen berichtet. Nun interveniert er bei seinen Vorgesetzten im Armeeoberkommando, das daraufhin die Erschießung aufschieben lässt. Kurz darauf billigt jedoch der Oberbefehlshaber der 6. Armee Walther von Reichenau die Weiterführung der Mordaktion. Am 22. August 1941 werden alle Kinder ermordet.Im Februar 1943 gerät Groscurth in sowjetische Kriegsgefangenschaft, in der er zwei Monate später an Typhus stirbt.

 

„Ich fragte den Feldkommandanten, ob er glaube, daß der Obersturmführer den Befehl von höchster Stelle habe, auch Kinder zu beseitigen, mir sei davon nichts bekannt. Der Feldkommandant erwiderte, er sei von der Richtigkeit dieses Befehls überzeugt.“

Helmuth Groscurth im Bericht vom 21. August 1941

 

Die Alliierten informieren

Im Januar 1942 wird Szlama Winer in das Vernichtungslager Kulmhof deportiert. Dort muss er die in „Gaswagen“ ermordeten Jüdinnen und Juden begraben. Ihm gelingt die Flucht. Anschließend berichtet Winer als einer der Ersten detailliert von den deutschen Massenmorden. Sein Augenzeugenbericht wird in das geheime jüdische Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos aufgenommen. Die dort gesammelten Beweise für Verbrechen sollen der Aufarbeitung und Ahndung nach Kriegsende dienen. Das Archiv schickt den Bericht auch an die polnische Exilregierung in London. Dieser und weitere Berichte bewegen Großbritannien und die alliierten Staaten jedoch nicht zum Handeln gegen den Völkermord. Diese konzentrieren sich vielmehr darauf, das Deutsche Reich militärisch zu besiegen. Szlama Winer wird kurze Zeit später gefasst und im Vernichtungslager Belzec ermordet. 

„Über alles aber wollten alle aus der Falle hinaus, um die noch bestehenden Gemeinden und die ganze Welt von den schrecklichen Geschehnissen in dem Kulmhofer Wald zu alarmieren.“

Untergrundarchiv Oneg Schabbat, nach dem Augenzeugenbericht von Szlama Winer, 1942

 

Verfolgte warnen

Ende September 1942 gelingt es der jüdischen Widerstandsorganisation Comité de Défense des Juifs (CDJ) in Belgien, die Deportation von Jüdinnen und Juden aus Charleroi zu verhindern. CDJ-Mitglied Max Katz überredet Jules Mehlwurm zur Zusammenarbeit. Als örtlicher Leiter der Zwangsvereinigung der Juden in Belgien soll Mehlwurm die Deportationen mitorganisieren. Katz überzeugt Mehlwurm, der deutschen Sicherheitspolizei für die bevorstehende Deportation eine Namensliste mit falschen Adressen zu übergeben. Da die Polizisten an anderen Orten suchen, kann die Widerstandsgruppe die über 1.000 Jüdinnen und Juden warnen. Bis auf 27 von ihnen können alle in vorbereitete Verstecke fliehen. Die Gruppe betreut die Untergetauchten in ihren Verstecken. Ab Februar 1943 gibt das CDJ von Charleroi eine Untergrundzeitung heraus, in der es die Untergetauchten über Gefahren aufklärt und zum Widerstand aufruft.

 

„Wir Juden haben nichts zu verlieren! Anstatt zu riskieren, bei einer Razzia erwischt und nach Auschwitz verschleppt zu werden, ist es besser, vor Ort zu kämpfen, hier zu kämpfen, Waffen in der Hand!“

Auszug aus der Untergrundzeitung „Unzer Kampf“, Juni 1943

 

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