Tarnung und Identitäten

Die meisten untergetauchten Jüdinnen und Juden leben nicht ständig im Verborgenen, sondern versuchen, sich eine falsche nichtjüdische Identität zuzulegen. Um nicht aufzufallen, sind Personal- und Arbeitspapiere sowie Lebensmittelkarten überlebenswichtig. All diese Dokumente müssen oft für hohe Summen beschafft werden. Untergetauchte nutzen mitunter auch Ausweise von nichtjüdischen Bekannten. Damit können sie sich wiederum andere dringend benötigte Papiere beschaffen. Manchmal halten die Ausweise den Kontrollen von Polizei und Behörden nicht stand, und die Untergetauchten werden enttarnt.

Als Christin

Lola Gottlieb und ihr Mann Samuel müssen ab Sommer 1942 im Ghetto Dombrowa (Dąbrowa Górnicza) in Oberschlesien leben. Im Juli 1943 wird das Ghetto aufgelöst und die Bewohnerinnen und Bewohner deportiert. Eine Gruppe von 20 Menschen wird für Aufräumarbeiten zurückgelassen. Unter ihnen sind auch die Gottliebs, denen kurz darauf die Flucht gelingt. Beide beschaffen sich falsche Papiere und tauchen im schlesischen Krappitz (Krapkowice) unter. Samuel Gottlieb arbeitet dort als Bauarbeiter. Lola Gottlieb gibt sich als Katholikin aus und arbeitet zunächst auf einem Bauernhof, dann in einer Metzgerei und in einer Küche. Als sie im August 1944 erfährt, dass ihr Mann infolge einer Denunziation festgenommen worden ist, zerstört sie ihre falschen Papiere. Sie will mit dem Zug fliehen, wird jedoch gefasst und in einem Außenlager des KZ Groß-Rosen inhaftiert. Lola Gottlieb und ihr Mann können beide überleben.

Als polnische Zwangsarbeiterin

Im Herbst 1940 wird Franciszka Rabiner gezwungen, in das Warschauer Ghetto zu ziehen. Ihr Mann Maurycy ist bereits im Dezember 1939 gestorben, kurz nachdem er bei einer Hausdurchsuchung schwer misshandelt wurde. Franciszka Rabiner kann aus dem Ghetto fliehen und tarnt sich als nichtjüdische Polin mit dem Namen Jadwiga Marcinkowska. 1944 wird sie als polnische Zwangsarbeiterin nach Bad Cannstatt in Deutschland verschleppt. Dort arbeitet sie in einer Kugellagerfabrik und wird – wie alle osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen – schlecht versorgt und behandelt. Dennoch schützt die falsche Identität sie vor der Deportation in ein Vernichtungslager. Ihre Tarnung kann sie bis zum Kriegsende aufrechterhalten.

Mit falschen Papieren

Lilli Michalski lebt in Görlitz und wird als Jüdin verfolgt. 1938 soll sich ihr nichtjüdischer Mann Herbert von ihr scheiden lassen. Er weigert sich und verliert daraufhin sein Unternehmen. Herbert Michalski findet eine Anstellung bei der Firma Schwarzkopf in Berlin, Lilli Michalski zieht zu ihrer Familie nach Breslau (Wrocław). Ihre jüdischen Familienmitglieder werden nach und nach deportiert. Im Oktober 1944 fürchtet Lilli Michalski ebenfalls deportiert zu werden. Sie flieht mit ihren beiden Söhnen aus Breslau. Begleitet werden sie von Gerda Mez, einer Kollegin ihres Mannes. Im Zug nach Wien werden die Papiere kontrolliert. Gerda Mez zeigt ihren Reisepass vor und steckt ihn dann heimlich Lilli Michalski zu. Die Gendarmen bemerken die Täuschung nicht, weil die Züge voll sind und beide Frauen Kopftücher tragen. Die Michalskis überleben in mehreren Verstecken, teilweise voneinander getrennt.

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